April 20, 2024

Karl der Grosse, Koenig der Franken.

 


Karl der Grosse wurde vor seinem Bruder Karlmann zum Osterfest in Aachen geboren. Das ist das einzige, was man ueber seine Geburt sicher weiss, denn das genaue Datum ist umstritten. Frueher wurde in der Forschung das Jahr 742 als Geburtsjahr anerkannt, was bedeutet haette, Karl waere ein uneheliches Kind gewesen, denn seine Mutter Bertrada heiratete Pippin erst einige Jahre spaeter. Nach K.F. Werner kann sein Geburtsjahr jedoch auch auf 747 verlegt werden (nach Alersangaben und Angaben zur Laenge von Karls Regierung von Chronisten).

754 wurde Karl gemeinsam mit seinem Vater und dem inzwischen geborenen Karlmann von Papst Stefan II. zum Koenig gesalbt. Von den folgenden Langobardenfeldzuegen wird berichtet, dass Karl sich an ihnen beteiligte, was auf ein etwas hoeheres Alter hinweist. Auch bei der Eroberung von Narbonne (759) war Karl an der seite seines Vaters und spaetestens seit den Aquitanienfeldzuegen war auch Karlmann mit von der Partie.

Koenig Pippin starb am 24.9.768 im Alter von 54 Jahren in Paris und wurde in der Abtei von Saint Denis beigesetzt, ebenso wie sein Vater Karl Martell. Sein Koenigreich hinterliess er seinen beiden Soehnen Karl und Karlmann. Anders als traditionell ueblich wurde das Reich nicht in Ost und West (also Austrien und Neustrien) unterteilt, sondern in Nord (Karl) und Sued. Das Reich war gespalten und die Brueder zerstritten, es herrschten grosse differenzen, die offenbar nicht politischer, sondern persoenlicher Natur waren. Bei wurden am 9.10. 768 in Noyon (Karl und Soissons von ihren jweiligen Adeligen durch Akklamation zu koenigen erhoben.

Das Nebeneinander Karls und Karlmanns war von Feindseligkeit und Misstrauen gepraegt. 769 ging Karl in Aquitanien gegen den Aufruehrer Hunoald II. (vielleicht der Sohn des im jahr zuvor ermordeten gleichnamigen letzten Herzogs von Aquitanien) vor. Bei einem Treffen in Montcontour versagte Karlmann ihm jede Unterstuetzung, woraufhin Karl den Widerstand der Aquitanier im Alleingang brach und daraufhin wahrscheinlich das ganze Land, inklusive Karlmanns suedlichen Bereich, fuer sich beanspruchte. Beide beeilten sich auch, moeglichst schnell einen Nachfolger in die Welt zu setzen, um ihre Erblinie zu sichern und gegenueber dem Bruder zu staerken. So wurde Karl durch seine Gattin in Friedelehe Himiltrud 769/70 mit einem Sohn beschenkt, der allerdings einen Geburtsfehler hatte und bucklig war. Dieser wurde nach dem Vater Pippin genannt, spaeter Pippin der Bucklige, welcher spaeter in offener Revolution gegen seinem Vater vorgehen sollte. Karlmann wollte seinem Bruder nicht nachstehen und so schenkte ihm seine Gattin Gerberga 770 ebenfalls einen Sohn, den man ebenso Pippin nannte.

Karl scheint dieses ueble Klima des Misstrauens nicht sonderlich bekommen zu sein, denn der sonst so dynamische Herrscher verfiel fuer die naechste Zeit in eine Art Kaeltestarre. Dies nutzte seine Mutter Bertrada um in einer fuer die karolingische Dynastie einmalige Art die Initiative zu ergreifen. Sie reiste zu Karlmann nach Selz und dann zu Herzog Tassilo III. von Bayern um zu vermitteln. Die neue Verbundenheit sollte ueber verwandschaftliche Bande entstehen. Waehrend Karlmann und Tassilo schon mit einer langobardischen Prinzessin verheiratet waren, so musste diese fuer Karl noch besorgt werden. also machte sich die Koenigenmutter geschwind auf nach Pavia, um dem langobardischen Koenig Desiderius eine weitere Tochter abzuschwatzen. dieser war einverstanden und das unglueckliche Geschoepf, dessen Name das Schicksal erlitt, in Vergessenheit geraten zu sein, wurde bald darauf an Karls Hof verfrachtet. Karl sah sich diese Entwicklung in abwartender Haltung an und war zuerst offenbar gewillt sich auf den Versuch einer Bildung einer verwandschaftlichen Achse zwischen den vier grossen Mitteleuropaeischen Reichen einzulassen. Dieser Gute Wille hielt jedoch freilich nicht lange vor. Karl sah die Rueckgewinnung der bayrischen Autonomie, die in den Verhandlungen mit Karls Mutter Bertrada festgelegt wurde, schon bald als Fehlentwicklung an, ebenso wie die Annaeherung an die Langobarden, die sein Vater Pippin mehrmals in die Schranken hatte weisen muessen. Die Befuerchtungen Karls bestaetigten sich, denn Desiderius uebte wieder einmal Druck auf Rom aus. Er erzwang ein Nachgeben des Papstes Stephan III. und sorgte dafuer, dass die frankenfreundliche Partei in Rom ihren Einfluss einbuesste. Dies nahm Karl zum Anlass die gerade erst geheiratete Langobardin fortzujagen.

Dies sorgte nicht gerade fuer eine Entspannung zwischen Karl und Karlmann, der immer noch Schwiegersohn des desiserius war. Ganz offenbar war die Lage sogar so festgefahren, das eine militaerische Konfliktloesung kurz bervorstand. Karlmann tat dann Karl einen grossen Gefallen: er starb, nach kurzer Krankheit, am 4.12.771 in der Koenigspfalz Samoussy (bei Laon). Der Tod seines Bruders oeffnete Karl den Weg zur Alleinmacht und zu seinem kometenhaften Aufstieg, der im ersten westlichen Kaiserreich nach dem Ende des Westroemischen Reiches gipfelte.

Karl sicherte sich noch im Dezember 771 in Corbeny die Akklamation von Karlmanns grossen und war somit unbestrittener Herrscher des gesamten Frankenreiches. Die Ansprueche der bruederlichen Familie liess er nicht gelten und so blieb Karlmanns Witwa Gerberga nichts anderes uebrig, als sich mit ihren Kindern zum Vater desiserius nach Norditalien zu begeben, ebenso wie Karls verstossene Ehefrau. Dieser heiratete an deren Stelle die Hildegard, Tochter eines fraenkischen Adeligen namens Gerold. Desiderius spitzte seinerseits den Konflikt zu, indem er Papst Hadrian I. dazu bringen wollte, Karlmanns Soehne, seine Enkel, zu koenigen zu salben.

Noch war die Zeit allerdings nicht reif fuer einen offenen Krieg. Karl bevorzugte anstatt dessen im Sommer 772 einen Feldzug gegen die Sachsen, wohl um seine Kraefte zu erproben. Er konnte nicht wissen, was er damit begonnen hatte. In den Reichsannalen wird der Krieg gegen die Sachsen folgendermassen beschrieben:

„Der langwierigste, grausamste und anstrengendste Krieg des fraenkischen Volkes.

Ob Karl den Kampf wohl begonnen haette, wenn er gewusst haette, was ihn erwartete? Wahrscheinlich schon, denn er war durchaus nicht der Mann, der vor schwierigen Aufgaben zurueckschreckte. Waehrend seinen weiteren Eroberungszuegen jedoch meist innerhalb kurzer Zeit Erfolg beschieden war (bis auf die unglueckliche spanische Episode), so verlangten ihm die Sachsen das Aeusserste ab. 772 begann der Krieg und noch 804 erhoben sich die Enkel derjenigen, die er in diesem Sommer bekriegte. Der Krieg erlebte etliche Hoehen und Tiefen, mehr als einmal war man sicher, die Sachsen befriedet zu haben, nur um feststellen zu muessen, dass sie an anderer Stelle mit unverminderter Haerte erneut zuschlugen.

Der Beginn des Krieges wies noch nicht auf das wechselhafte Kriegsgeschehen an und deutete auch keine Eroberungsplaene Karls an. Eher hatte der Feldzug den Charakter frueherer Strafexpeditionen und sollte wie oben schon erwaehnt eher die Konfrontation mit den Langobarden vorbereiten.

Karl offenbarte 772 zum ersten Mal seine Militaerstrategie, wobei er sich vom Leitspruch „divido et impero“ leiten lies (teile und herrsche). In mehreren Heeressaeulen stiessen die Franken in das angegriffene Land vor (in diesem Falle zwei), um an mehreren Stellen zuschlagen zu koennen, die Kraefte des Gegners zu spalten und den Feind umfassen zu koennen. Die Groessenordnungen fraenkischer Heere waren kaum vergleichbar mit antiken Grossheeren. Wahrend der Perserkoenig Dareios Alexander den Grossen mit ueber einhunderttausend Mann erwartete (alte Quellen sprechen sogar von 250-500.000) so dienten in Karls Armeen im Normalfalle wohl kaum jemals mehr als zehntausend Mann, bei kleineren Unternehmungen weniger.

Der Sommerfeldzug 772 war erfolgreich: Karl erstuermte die saechsische Eresburg ueber der Diemel und zerstoerte den nahegelegenen Irminsul, eine Welteneiche, eine heidnische Kultstaedte, geweiht den germanischen Goettern wie Odin, Thor oder Loki. Karls Feldzug fand also auch durchaus im Zeichen des Kruezes statt, wenn auch ohne paepstliche Weisung. Bis zum Oberlauf der Weser stiess Karl vor, fuehrte dann Verhandlungen und erreichte die Stellung von Geiseln, die das Wohlverhalten der Schachsen garantieren sollten. Wenn Karl aber glaubte, die Sachsen damit befriedet zu haben, irrte er gewaltig, denn das heidnische Germanenvolk war nur ein loser stammesverbund. Wenn Karl sich von einem Teil des Volkes Geiseln sicherte, so hiess das nicht, dass nicht andere Sachsenverbaende ueber fraenkische Missionskirchen herfielen.

Wie auch immer, Karl kehrte in sein Reich zurueck und wurde im Maerz 773 von paepstlichen gesandten aufgesucht, die um Unterstuetzung gegen den Langobarden baten. Dies gechah getreu dem Vorbild von 737 (wo Karl Martell die Bitte abgelehnt hatte) und 753. Schon Karls Vater Pippin hatte mit den Langobarden manchen Strauss ausfechten muessen und sein Sohn machte sich nun daran, den Konfliktherd auszuschalten. Im Spaetsommer rueckte er ueber die Alpen, wieder in zwei Heeressaeulen vorstossend, wobei ihm angeblich ein verraeterischer Schaefer einen Alpenpfad zeigte, mit dem er die lauernden Langobarden umgehen und umfassen konnte. So fagte Karl jeden Widerstand beiseite und belagerte im folgenden die Residenz des Desiderius, Pavia fuer lange Monate, was ungewoehnlich war, da die Soldaten normalerweise ins Winterquartier geschickt wurden. Karl gelang desweiteren die Einnahme von Verona wo ihm Karlmanns Witwe und deren Kinder in die Haende fielen. Anders als beispielsweise in der Antike, wurde die thronkonkurrenz nicht ermordet, sondern auf andere Art ausgeschaltet: sie wurden geschoren und ins Kloster gesteckt. Somit war Karls Linie jetzt unumstritten.

Die Belagerung Pavias zog sich hin, weshalb Karl die Zeit fand, als erster Frankenherrscher Rom persoenlich zu besuchen. Zum Osterfest am 3.4. 774 traf er dort ein und wurde mit den Ehren eines patricius empfangen, dem hoechsten Rang nach dem oestlichen Kaiser. Wie ein Pilger betet Karl am Petrusgrab und garantierte dem Papst die Zusagen der Pippinidischen Schenkung, woran er sich spaeter freilich nicht genau hielt.

Karl kehrte zurueck nach Pavia und traf gerade rechtzeitig ein, um die Kapitulation der Stadt entgegenzunehmen. Triumphierend zog er in der Stadt ein und liess Desiderius samt Familie scheren und ins Kloster bringen. Er gedachte nicht nicht, die langobardische Konkurrenz noch laenger zu dulden und setzte sich selbst, ohne Wahlakt, als Koenig der Langobarden ein (ab dem 5.6.774 war Karl „Koenig aller Franken und Langobarden“). Das Langobardenreich verschwand und ging in Personalunion mit dem Frankenreich auf. Der Langobardenfeldzug zeigt erneut, das Rom und der Papst, die nominell immer noch unter dem Schutz des Kaisers standen, sich nun unter den Schutz der Frankenherrscher gestellt hatten. Somit erreichte das Frankenreich zum ersten Mal einen Status, der es ueber andere germanische Reiche erhob.

Die sachsen hatte waehrend Karls Abwesenheit zum ersten Mal ihre Widerstandskraft demonstriert und waren ueber fraenkische Siedlungen und Kirchen in Hessen hergefallen. Karl, der sich im Winter 774/75 zu weiteren Kriegszuegen nach Sachsen entschloss, fasste nun wohl zum ersten Mal den Plan ins Auge, die Sachsen vollstaendig zu unterwerfen und in das Frankenreich einzugliedern, waehrend fruehere Kampfeinsaetze nur den Charakter von Strafexpeditionen hatten. Auf einen solchen entschluss Karls deutet die Verbissenheit hin, mit der er den Krieg nun fuehrte und mit dem er die christliche Mission in Sachsen vorantrieb.

Im Sommer 775 stuermte Karl durch Sachsen, eroberte die verlorengegangene Eresburg zurueck und eine weitere Festung, die Sigiburg. Karl brach heftigen Widerstand, erkaempfte den Weseruebergang bei Hoexter und unterwarf die Ostfalen, ebenso wie die engern und Westfalen, von denen er sich jedesmal Geiseln stellen liess und die Treueeide ablegten. Erneut hielt Karl die Lage fuer gesichert und hielt es fuer ungefaehrlich, wieder nach Italien vorzustaossen. Dies war noetig geworden, da der Herzog von Fiaul (Norditalien, an der Grenze zum heutigen Slowenien) offen fuer die Wiederherstellung des langobardischen Koenigtums einsetzte, wobei er den nach Byzanz geflohenen Sohn des Desiderius, Adelchis, angeblich zum Koenig machen wollte. Anfang 776 schlug Karl den Aufstandsversuch gnadenlos zusammen.

Kaum hatte er den Sachsen allerdings den Ruecken gekehrt, da griffen sie schon wieder an. erneut konnten sie die eresburg zurueckerobern, waehrend sich die Sigiburg trotz heftiger Belagerung halten konnte. Karl machte sich sogleich auf und erschien noch im Herbst wieder im Sachsenland, wo er die Aufstaendigen wiedereinmal niederkaempfte. Diesesmal schienen sie tatsaechlich befriedet, denn an den Lippequellen hielt Karl eine Versammlung ab, zu der sich Sachsen weitgehender Regionen einfanden um Trueeide auf ihn abzulegen und sich Taufen zu lassen. Der Ort wurde Karlsburg genannt und ist das heutige Paderborn. 777 hielt Karl hier seinen ersten Reichstag auf saechsischem Gebiet ab, es fanden Massentaufen und Kichweihen statt. In diesem Hochgefuehl empfing Karl die Abgeordneten aus dem arabischen Spanien, die ihm zu einen verlustreichen Feldzug verleiten sollten.


Der durchtriebene Gesandte überredete Karl zu dem erfolglosen spanischen Abenteuer 
Man rief ihn zu Hilfe gegen den Emir von Corduba und Karl, der glaubte eben erst das Sachsenland erfolgreich unterworfen zu haben, wurde wohl gelockt durch die Moeglichkeit, sein Reich nach Suedwesten erweitern zu koennen. Im heissen Sommer 778 fiel Karl mit starken Verbaenden in Spanien ein, zuerst erfolgreich. Er unterwarf das Land bis zum Ebro, wobei er beispielsweise Pamplona eroberte. Die Franken bildeten aber keine Armee, die schwere Belagerungen durchfuehren konnten, da ihnen dafuer das Geraet und die Geduld fehlte. So scheiterten sie vor Saragossa, woraufhin sich Karl eilig wieder zurueckzog, den Fehler, den er mit der unternehmung begangen hatte jetzt wohl einsehend. Er beging jedoch einen weiteren Fehler, indem er das christlich bewohnte Pamplona schleifen liess. Dies nahmen ihm die Waskonen uebel und so lauerten sie seiner Nachhut in den Pyrenaeen auf. Im Tal von Roncesvalles vernichteten sie die fraenkische Nachhut, gefuehrt von Karls Paladin Roland dessen heldenhafter Widerstand im beruehmten Rolandslied festgehalten wurde. Karl steckte die empfindliche Niederlage ein und kehrte gerupft in sein Frankenreich zurueck.

Karls bis dahin unaufhaltsamer Aufstieg hatte nun einen ersten Daempfer erhalten, der die Grenzen seiner Macht aufzeigte. Zu allem Uebel hatten sich die Sachsen erneut formiert, diesmal unter einem saechsischen Adeligen, der zum groessten Gegner Karls wurde, dem Widukind (heisst soviel wie „Waldkind“). Waehrend die Mehrzahl der saechsischen Adeligen sich wohl mit der fraenkischen Eroberung abfanden, wurden die Aufstaende immer wieder von den unteren Volksschichten getragen, die sich gegen die Zwangschristianisierung zur Wehr setzten. mit Widukind hatten sie einen adaequaten Anfuehrer gefunden, der einen brutalen und erfolgreichen Guerillakrieg in den dichten saechsischen Waeldern fuehrte. Ab jetzt wurde der Krieg auf beiden Seiten mit zerstoererischen Wut gefuehrt, Gnade wurde nur selten gewaehrt.

779 eroberte Karl die eigentlich schon laengst unterworfenen Gebiete erneut bis zur Elbe. Auf einer Heeresversammlung in Lippspringe teilte er das Land erneut in Missionssprengel auf (780). Im Winter 780/81 zog Karl auf Wunsch des Papstes Hadrian ein weiteres Mal nach Rom. Nach zaehen Verhandlungen, in denen der Papst weite Landgewinne zu erreichen hoffte, musste er sich mit dem Gewinn der Sabina zufriedengeben. Am Karsamstag (14.4.) 781 wurde dafuer Karls zweiter Sohn von Hildegard, bis dahin Karlmann genannt, durch den Papst getauft und ab dann Pippin genannt (was Karls ersten Sohn, Pippin den Buckligen, endgueltig aus der Erbfolge ausschloss). Zwei Tage darauf wurden der vierjaehrige Pippin und sein juengerer Bruder Ludwig vom Papst zu koenigen gesalbt, was die karolingische Dynastie endgueltig bestaetigte. Waehrend der aelteste Sohn Hildegards, Karl (der Juengere) an der Seite seines Vaters in den Kampf zog, wurden die kleineren Brueder zu Unterkoenigen von Aquitanien (Ludwig) und Italien (Pippin) gemacht. Die Koenigssoehne sollten in ihre Aufgaben hineinwachsen und die fraenkische Vorherrschaft durchsetzen, zugleich wurde eine Vereinfachung der Verwaltung erreicht. Dem aeltesten der Linie blieb das Zentrum des Frankenreiches vorbehalten. In Italien traf Karl ebenso ein Abmachung mit der Regentin von Byzanz, der Eirene, deren Sohn Konstantin VI. seine Tochter Rotrud heiraten sollte.

Der Alltag holte Karl bald wieder ein. Die Sachsen ueberfielen eine seiner Heeressaeulen (mit vieren war er vorgestossen) am Suentel und vermochten sie komplett auszuloeschen. Im Herbst verdraengte Karl den Saechsischen widerstand, Widukin musste nach Daenkemark fliehen. Beim Blutgericht bei Verden an der Aller erzwang Karl die Auslieferung saechsischer Raedelsfuehrer und Aufstaendiger, die er kurzerhand koepfen liess. Zeitgenoessische Quellen sprechen von 4500 Hinrichtungen, denen Karl, erbost durch die ewigen Truebrueche der Sachsen, beiwohnte, und die das Wasser der Aller rot faerbten. Das Blutgericht ist eines der dunkelsten Kapitel in Karls grosser Geschichte, er liess sich nicht von seiner ueblichen Besonnenheit leiten sondern gab sich seiner Wut und seinen Rachegeluesten hin.

Dennoch war der Kampfeswille der Sachsen und widukind nicht gebrochen. Erneut organisierten sie sich in grossen Verbaenden und wagten es sogar, den Franken offene Feldschlachten zu liefern. In Detmold und an der Hase trafen die Heere im Sommer 783 aufeinander und in beiden Schlachten brachten die Sachsen durch ihren Mut und Willen an den Rande einer Niederlage. Angeblich stuerzten sie sich mit barbruestigen Frauen an der Spitze wild schreiend aus den Waeldern auf die ueberaschten Franken, die erst die Oberhand gewannen, als fraenkischen Frauen aus dem Heerestross, angefuehrt von Fastrada, die Tochter des Grafen Radulfs, die nach dem Tod Hildegard 783 Karls neue Gattin wurde, sich ebenso barbruestig in die Schlacht warfen. Im selben Jahr starb auch seine Mutter Bertrada und zwei Jahre spaeter sein Stiefonkel Bernhard, was ihn zum aeltesten des Hauses machte.

784 kam es zu einem erneuten Reitergefecht bei Dreingau, in welchem die Franken die Oberhand behalten konnten. Karl setzte seinem Hauptgegner Widukind nun erbarmungslos nach, bis er ihn 785 im Bardengau stellen konnte. Widukind gab sich geschlagen und liess sich zum Weihnachtsfest 785 in der Pfalz von Attigny in Anwesenheit Karls taufen. dies war der wendepunkt des Krieges, die grossen Erhebungen waren beendet, auch wenn es laufend zu kleineren Aufstaenden kam.

Im Winter musste er einer Adelsverschwoerung unter Graf Hardad in Ostfranken (Thueringen) entgegentreten. Es war nur eine kleinere oertliche Revolte, die er schnell und brutal niederschlug und mit Hinrichtungen und Blendungen ahndete. Im Winter darauf (86/87) witterten Herzog Tassilo von Bayern und Herzog Arichis II. von Benevent ihre Chance, mehr Unabhaengigkeit von den Franken zu erlangen, die mit den Sachsen vollauf beschaeftigt schienen. Karl stuermte sofort nach Italien, belagerte Capua und dann Salerno, wo sich Arichis ergeben musste und fuer zukuenftiges Wohlverhalten Geiseln stellte. Byzanz sah das aggressive Vorgehen der Franken nur ungern und es kam zu einer Loesung der vor sechs Jahren versprochenen Heirat der Koenigstochter Rothrud mit dem kaiserlichen Spross Konstantin VI., was Karl jedoch nicht weiter stoerte. Karl war ein Familienmensch, der seine Kinder gerne um sich hatte. Die Streitigkeiten und Rivalitaet, die unter den Erben seiner Vorfahren geherrscht hatten, waren eher unueblich. Karls Toechter, von denen sechs ***** ein hoeheres Alter erreichten, waren Karls ganzer Stolz und er pflegte sie fuer sich zu beanspruchen. Heiraten durfte keine von ihnen, auch wenn einige von ihnen aussereheliche Verbindungen eingingen, in denen sie auch Kinder empfingen. Es gibt einige Biographen, die die Moeglichkeit eines erotischen Verhaeltnisses zu seinen Toechtern erwaehnen. Da wir von Karl allerdings wissen, das er hochfromm war und sich als christlicher Missionar fuehlte, koennen wir annehmen, das Karl nur von vaeterlicher Liebe und Fuersorge getrieben wurde, als er seine Toechter in seiner Hofumgebung behielt.

Zurueck zu den aufsaessigen Herzoegen, von denen jetzt nur noch Tassilo bieb. Dieser hatte 781 Papst Hadrian I. darum gebeten, das Lehensverhaeltnis Bayerns zu den Franken zu loesen. Obwohl die Kirche und Bayern manchmal kooperiert hatten (z.B. die Taufe von Tassilos Sohn Theodo durch den Papst), forderte der Papst Tassilo doch dazu auf, seinen Lehenseid noch zu bekraeftigen. 787 fand Karl die Zeit, sich um den widerspenstigen Herzog zu kuemmern und zitierte ihn nach Worms. Tassilo folgte der Aufforderung nicht, weshalb Karl mit drei Heeressaeulen in Bayern einfiel, Widerstand war nahezu zwecklos. Tassilo erneuerte seinen Lehenseid und stellte Geiseln (unter anderem seinen Sohn). Dennoch hatte er nichts gelernt, denn kaum war Karl abgezogen, da verhandelte er auch schon wieder mit Randvoelkern des Frankenreiches, um eine Koalition gegen Karl zustande zu bringen und wetterte oeffentlich gegen den Koenig.

Im Juni 788 wurde Tassilo nach Ingelheim zitiert und diesmal kam er auch, denn er hatte die Unterstuetzung seines Adels und der Geistlichkeit durch sein undiplomatisches Verhalten verloren. Es wurde Gericht ueber den Herzog gehalten und er wurde zum Tode verurteilt, nicht wegen seines unbotmaessigen Verhaltens, sondern wegen seiner Desertation („harisliz“) aus dem Heer Pippins waehrend eines Aquitanienfeldzuges. Karl wandelte die Strafe in Klosterhaft um, was ebenso die gesamte Familie Tassilos betraf. Noch sechs Jahre spaeter musste der Moench Tassilo in frankfurt seinen Verzicht auf alle Herrschaftsabsichten erklaeren. Damit war das bayrische Herzogtum vorlaeufig beendet.

Arichis von Benevent, oder vielmehr seinem Sohn Grimoald, den Karl aus der Geiselhaft entliess, hingegen gelang es sogar, die Gunst Karls zurueck zu gewinnen. Sie bekaempften die Greichen in Sueditalien und verdraengten den Sohn des ehemaligen Langobardenkoenigs Desiderius, den Adelchis, endgueltig.

Den Winter 788 verbrachte Karl in Tassilos ehemalieger Residenzstadt Regensburg. Die explosive Expansion des Frankenreiches war beendet, weitere Militaeraktionen richteten sich eher auf Konsolidierung des Erreichten. Im Sommer 789 ritt Karl zum Beispiel in die slawisch besiedelten oestlichen Randgebiete seines Reiches, gegen die Sorben und Wilzen. Diese Gebiete waren uninteressantes Oedland und so begnuegte sich Karl mit der Erstuermung der Festung des wilzischen Anfuehrers Graf Dragowit und der Stellung von geiseln fuer Wohlverhalten. Tribute und Christianisierung wurden nicht gefordert, die Slawen sollten nur die Macht Karls zu spueren bekommen.

Karl wendete sich nun einem weiteren oestlichen Nachbarn zu, den Awaren. Diese waren ein ungarisches Reitervolk, die das Erbe der Hunnen angetreten hatten. Noch im sechsten Jahrhundert verbreiteten sie Angst und Schrecken. So beendeten sie gemeinsam mit den Langobarden das Gepidenreich (567) und erzwangen von dem sonst so resoluten byzantinischen Kaiser Justinian Tributzahlungen. 565 besiegten sie den Frankenkoenig Sigibert. 626 belagerten sie vergeblich Konstantinopel und seitdem war ihr Stern am Sinken.

Tassilo hatte versucht eine Allianz mit den Awaren herzustellen, weshalb Karls Augenmerk auf sie fiel. 791 rueckte Karl Donauabwaerts bis zur raab vor, wobei er hoffte, die beruehmten awarischen Rinburgen erstuermen zu koennen, deren Durchmesser bis zu 20 oder 40 Kilometer sein konnte. Karsl Sohn Pippin stiess von Italien her gegen die Awaren vor, doch ihr gemeinsamer Vorstoss traf nur leeren Raum, denn awarischer Widerstand blieb aus, beinahe wirkte das Gebiet unbesiedelt. Bald schon gab es Versorgungsluecken im Heer, hinzu kam eine gefaehrliche Pferdeseuche, welche die fraenkische Kavallerie bald kampfunfaehig machte. Man zog sich zurueck und ein weiters Vorgehen gegen die Awaren ueberliess Karl anderen.

Er wurde seinerseits von erneuten Sachsenaufstaenden geplagt, deren vollstaendige Unterwerfung er zu seiner letzten militaerischen Aufgabe machte. Nach sieben Jahren, in denen es recht ruhig gewesen war, kam es wieder zu Uebergriffen auf christliche Missionen und Kirchen, hervorgerufen durch die gnadenlose Einrtreibung des kirchlichen Zehnten. Karl war also beschaeftigt und Grimoald von Benevent glaubte ein wenig unruhe stiften zu koennen. Er wurde von Karls Sohn Pippin, Unterkoenig in Italien, zur Raeison gebracht. Ebenso fielen die Araber wieder in Suedgallien ein und konnten trotz heftiger Gegenwehr von Graf Wilhelm von Toulouse nicht von weitgehenden Verwuestungen abgehalten werden.

Selbst Pippin der Bucklige meldete sich wieder zurueck. Der erste Sohn Karls, der mittlerweile als illegitim angesehen wurde, liess sich zum Aushaengeschild fraenkischer Adelsopposition machen. Doch wie sein ganzes Leben, war auch diese Revolte verpfuscht und Karl wurde seiner schnell habhaft. Die Allzweckloesung fuer unliebsame Verwandte wurde auch bei ihm angewendet: er wurde geschoren und ins Kloster Pruem geschickt (793).

Inzwischen ging es den Awaren nun doch an den Kragen. Erich von Friaul war von Karl mit der Bekaempfung des Reitervolkes beauftragt worden und er stiess 795 bis in das Zentrum des Reiches, des Zentralringes, wobei er reichhaltige Beute machte. Unterkoenig Pippin machte es Erich von Friaul im folgenden Jahr nach und erzwang die Unterwerfung des Awarenherrschers Kagan und eroberte den beruehmten Awarenschatz, die groesste Beute, die die Franken jemals machten und der den Reichtum des Karlsreiches absicherte. Die Awaren blieben jedoch unruhig und vereinzelte Aufstaende kosteten Erich von Friaul (799), ebenso wie den bayrischen Praefekten Gerold das Leben.

Waehrend Pippin im weiteren Grimoald von Benevent in Schach hielt, kaempfte Unterkoenig Ludwig von Aquitanien gemeinsam mit Wilhelm von Toulouse gegen die arabischen Einbrecher, stiess bis ueber die Pyrenaeen vor und eroberte schliesslich sogar Barcelona (803).

Karl stand mit seiner Armee von 794 bis 799 jaehrlich im Sachsenland und bekriegte sie zum letzten Mal 804. Er kaempfte im im Wigmodienland, im Bardengau, focht im Buendniss mit den slawischen Abdoriten gegen die Nordalbinger, deportierte komplette Sachsenstaemme um sie zu befrieden und erliess Gesetze (z. B. das gemaessigte Capitulare Saxonicum) zu diesem Zwecke. Karl trieb die Sachsenmission voran und errichtete Bischofssitze in Paderborn, Minden, Verden, Osnabrueck und Muenster.

Jetzt sollte eine Entwicklung eintreten, die die Gechichte des Abendlandes entscheidend beeinflussen sollte, es kam zu einem Ereignis, dessen Nachwirkungen erst 1918 als endgueltig beendet waren. Karl wurde aus seinen Sachsenkriegen und seinem illusteren Hofleben gerissen, denn Papst Leo III wurde aus Rom vertrieben und bat Koenig Karl um Hilfe.

Karl der Grosse


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